Strategische Gasreserve
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundene angespannte Energie-Versorgungslage in ganz Europa wurde AGGM mit der Novelle zum Gaswirtschaftsgesetz vom 8. April 2022 (BGBl. I Nr. 38/2022) mit der Beschaffung und Verwaltung einer strategischen Gasreserve aus Bundesmitteln im Ausmaß von 12,6 TWh beauftragt. Zu diesem Zweck wurde die Tochtergesellschaft ASGM (Austrian Strategic Gas Storage Management GmbH) gegründet.
Mit der Verordnung vom 30. Juni (BGBl. II Nr. 262/2022) hat die Bundesregierung beschlossen, die strategische Gasreserve um 7,4 TWh auf insgesamt 20 TWh Gas aufzustocken. Die ursprünglich bis 30. September 2025 befristete Regelung wurde durch die Novellen BGBl. I Nr. 145/2023 und zuletzt BGBl. I Nr. 74/2024 bis 1.4.2027 verlängert.
Die Beschaffung der Gasreserve
Zwischen Mai und August 2022 wurden von der ASGM zwei marktbasierte, transparente, nichtdiskriminierende und öffentliche Ausschreibungsverfahren zur Beschaffung der strategischen Gasreserve durchgeführt.
Insgesamt konnten dabei 20 TWh Gas lukriert werden, davon 8,5 TWh aus nicht-russischen Quellen. Diese stehen für die Sicherstellung der österreichischen Gasversorgung ab 1. November 2022 zur Verfügung.
Die Gesamtkosten der beiden Ausschreibungen belaufen sich auf 3,95 Mrd. EUR.
Auf Basis der Verlängerungen der Geltungsdauer der strategischen Gasreserve wurden im Jänner 2024 und November 2024 Speicherverträge für die notwendigen Speicherkapazitäten für die Speicherjahre 2025/26 bzw. 2026/27 beschafft.
Verfügbarkeit der strategischen Gasreserve
Da in den Winterperioden seit 2022 befürchtete Worst-Case-Szenarien nicht eingetreten sind und dementsprechend eine Freigabe der strategischen Gasreserve im Rahmen von Energielenkungsmaßnahmen nicht erforderlich war, sind die gesamten 20 TWh der strategischen Gasreserve in den Speichern weiterhin in vollem Ausmaß gelagert.
Die Aufteilung der strategischen Gasreserve auf unterschiedliche Speicherlokationen und die mit der Speicherkapazität kontrahierten Ausspeicherleistung ermöglichen, dass auf unterschiedliche Last- und Verbrauchssituationen in allen österreichischen Marktgebieten grundsätzlich gut reagiert werden kann.
Wann und wie kommt die strategischen Gasreserve zum Einsatz
Die Rahmenbedingungen für die Freigabe und Verwendung der strategischen Gasreserve sind in § 18c GWG 2011 abschließend definiert:
Die strategische Gasreserve kann ausschließlich mit einer Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Energie und Tourismus gemäß den §§ 5 und 26 des Energielenkungsgesetzes 2012 freigegeben werden. Eine solche Verordnung kann mit Zustimmung des Hauptausschlusses des Nationalrates nur dann erlassen werden, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Energielenkungsgesetz 2012 erfüllt sind.
Demnach können Lenkungsmaßnahmen in folgenden Fällen ergriffen werden:
- zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Störung oder zur Behebung einer bereits eingetretenen Störung der Energieversorgung Österreichs, sofern diese Störungen
- keine saisonale Verknappungserscheinung darstellen oder
- durch marktkonforme Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln abgewendet oder behoben werden können - soweit es zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur Inkraftsetzung von Notstandsmaßnahmen auf Grund von Beschlüssen von Organen internationaler Organisationen erforderlich ist oder
- soweit eine Pflicht zur Solidaritätsleistung gemäß Art. 13 der Verordnung (EU) 2017/1938 besteht oder
- soweit eine Pflicht zur Unterstützung in Form von regionalen oder bilateralen Maßnahmen gemäß Art. 15 der Verordnung (EU) 2019/941 besteht.
Eine Freigabe ist zu beenden, sobald die dafür maßgeblichen Umstände nicht mehr vorliegen.
Wird die Verwendung der strategischen Gasreserve freigegeben, werde Teile der strategischen Gasreserve im freigegebenen und notwendigen Ausmaß, damit das Netz stabil bleibt und die Versorgung mit Gas aufrechterhalten werden kann, als Ausgleichsenergie in das Gasnetz eingespeist.
Soweit Bilanzgruppen, die für die Versorgung ihrer Kunden zu wenig Gas in das Gasnetz einspeisen, auf diesem Weg Gasmengen aus der strategischen Gasreserve überlassen werden, erteilt der Verteilergebietsmanager dem Bilanzgruppenkoordinator die Anordnung, diese gemäß § 87 Abs. 4 GWG 2011 im Rahmen der Berechnung, Zuweisung und Verrechnung der Ausgleichsenergie an die Bilanzgruppenverantwortlichen zu verwenden.
Für Zwecke der Verrechnung dieser Ausgleichsenergiezuweisung hat der Verteilergebietsmanager eine Gebühr festzusetzen und an den Bilanzgruppenkoordinator zu verrechnen. Der Bilanzgruppenkoordinator verrechnet diese Kosten im Rahmen der Ausgleichenergieabrechnung (Clearing) an die Bilanzgruppenverantwortlichen. Mit Verordnung des Vorstands der E-Control, mit der die Gas-Marktmodell-Verordnung 2020 geändert wird (GMMO-VO 2020 – 2. Novelle 2022), BGBl. II. Nr. 357/2022, wurden operative Details zur Ausgleichsenergieverrechnung bei einem Einsatz der strategischen Gasreserve festgelegt.
Die Gebühr bemisst sich nach dem höheren der beiden folgenden Preise, zuzüglich eines jeweils angemessenen Anteils an den sonstigen Kosten gemäß § 18b GWG 2011:
- der jeweilige Anschaffungswert der zugewiesenen Gasmengen, wobei die Gasmengen mit dem höchsten Anschaffungswert zuerst heranzuziehen sind;
- für das Marktgebiet Ost der Börsereferenzpreis (CEGHIX) des jeweiligen Gastages und für die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg der von der Erdgasbörse am virtuellen Handelspunkt des vorgelagerten Marktgebietes veröffentlichte mengengewichtete Preisindex des jeweiligen Gastages für Spotmarktprodukte (§ 18c Abs. 2 GWG 2011).
Entsprechend dieser Regelung würde für die ersten Teile der strategischen Gasreserve im Ausmaß von 12.3 TWh aktuell eine Gebühr von 244,57 EUR/MWh zu Anwendung kommen, für die verbleibenden 7,7 TWh eine Gebühr von 131,74 EUR/MWh (Stand: 31.12.2024).
Dieser restriktive Ansatz wurde vom Gesetzgeber gewählt, um für die Marktteilnehmer einen starken Anreiz zu setzen, ausreichend Gas für die Versorgung ihrer Kunden zu beschaffen.
Was passiert nach dem 1.4.2027 mit der strategischen Gasreserve?
Bislang ist die strategische Gasreserve bis zum 1.4.2027 geregelt. Regelungen für die Zeit danach sowie für eine Reduktion oder Auflösung der strategischen Gasreserve müssen erst geschaffen werden.
Bis auf Weiteres liefert die Aufrechterhaltung der strategischen Gasreserve aber einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Damit dieser Beitrag der strategischen Gasreserve weniger Bedeutung bekommt, setzt voraus, dass die Importkapazitäten aus Deutschland und Italien so rasch wie möglich ertüchtigt und entsprechende Infrastrukturprojekte umgesetzt werden. Konkrete Projekte mit dieser Zielsetzung sind im Koordinierten Netzentwicklungsplan der österreichischen Fernleitungsnetzbetreiber Gas Connect Austria GmbH und TAG GmbH enthalten. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang der WAG-Teil Loop 1 (+73 GWh/d) sowie TAG “Reverse Flow Capacity Increase“ (+150 GWh/d), deren Abschluss im Laufe des Jahres 2027 geplant ist.
Die gem. § 18a Abs. 3 GWG 2011 jeweils zum 30. April zu erstellenden Berichte über die Beschaffung und Verwendung der strategischen Gasreserve finden Sie im Downloadbereich.
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Kontakt
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