Marktmodell

Der österreichische Gasmarkt

Seit dem 1. Jänner 2013 ist der österreichische Gasmarkt in drei Marktgebiete unterteilt: Ost, Tirol und Vorarlberg. Alle drei Marktgebiete verfügen über Verteilerleitungsanlagen. Einzig das Marktgebiet Ost umfasst zusätzlich auch Fernleitungen. Die AGGM ist als Marktgebietsmanager für das Marktgebiet Ost sowie als Verteilergebietsmanager für die Marktgebiete Ost, Tirol und Vorarlberg tätig.

Als Markt- und Verteilergebietsmanager koordiniert die AGGM die Netzsteuerung, erstellt Berechnungsschemata zur Ermittlung und Ausweisung von Kapazitäten an Entry- und Exit-Punkten und koordiniert den Ausbau und die Instandhaltung der Fern- und Verteilerleitungen.

Bilanzgruppenmodell

Im Zuge der Gasmarkt-Liberalisierung wurde in Österreich das Bilanzgruppenmodell eingeführt. Eine Bilanzgruppe ist eine virtuelle Zusammenfassung von Netznutzer:innen, innerhalb derer ein Ausgleich zwischen Aufbringung und Abgabe erfolgt (Bilanzierung). Bilanzgruppenmitglieder sind z.B. Gashändler, Inhaber von Transportrechten (Kapazitätsinhaber), Gasversorger sowie Endkund:innen. Versorger sind Unternehmen, die Endkund:innen mit Gas versorgen. Bilanzgruppenverantwortliche (BGV) vertreten die Bilanzgruppe nach außen und in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Alle Endkund:innen sind entweder direkt oder indirekt (über ihren Versorger) Mitglied einer Bilanzgruppe. Sub-Bilanzgruppen werden zur Übertragung von Transportrechten an Entry- und Exit-Punkten benötigt. Die Bilanzgruppen werden in Österreich zentral von der AGGM verwaltet.

Entry-Exit-System

In den österreichischen Marktgebieten wird ein Entry-Exit-System zur Ein- und Ausspeisung von Gas betrieben. Dabei können Gashändler oder Versorger Kapazitäten an Entry- und Exit-Punkten unabhängig voneinander buchen und handeln.

Kapazitäten berechtigen zur Ein- und Ausspeisung von Gas in bzw. aus einem Marktgebiet. Im Marktgebiet Ost ermöglichen Kapazitäten zusätzlich zum Transport zum bzw. vom virtuellen Handelspunkt (VHP) innerhalb des Marktgebiets. Der virtuelle Handelspunkt ist keinem physischen Entry- oder Exit-Punkt zugeordnet und ermöglicht den Marktteilnehmern Gas zu handeln. Die Einlieferung an Entry-Punkten und die Entnahme an Exit-Punkten kann unabhängig voneinander getätigt werden. 

Im Verteilergebiet bucht und verwaltet die AGGM die Entry- und Exit-Kapazitäten zwischen den Fernleitungs- und Verteilernetzen. Damit wird dort ein unterbrechungsfreier Übertritt für die Versorger und ihre Kunden gesichert. An den Grenzübergabepunkten (GÜP) im Verteilernetz ermöglicht die AGGM die Vermarktung der Entry- und Exit-Kapazitäten. Die AGGM steuert auch den Gasfluss und ist für die Druckhaltung im Marktgebiet verantwortlich.

Mehr zu den Entry- und Exit-Punkten

BGV-Transportanmeldungen

Bilanzgruppenverantwortliche (BGV) übermitteln - je nach Portfolio - folgende Transportanmeldungen an Systembetreiber:

  • Nominierungen im Fernleitungsnetz (Entry/Exit) an Fernleitungsnetzbetreiber

  • Speicher- bzw. Produktionsnominierungen an Speicher bzw. Produktion

  • Handelsnominierungen bzw. Börseorders am virtuellen Handelspunkt (VHP) an VHP-Betreiber bzw. Gasbörse

  • Nominierungen an Grenzkopplungspunkten an Markt- und Verteilergebietsmanager (MVGM) im Verteilergebiet („kleiner Grenzverkehr“)

  • Großabnehmer-Fahrpläne an MVGM (stundengenauer Einzel-Fahrplan je LPZ-Kunde größer 50.000 kWh/h für Zwecke der Netzsteuerung sowie je LPZ-Kunde größer 25.000 kWh/h, sofern in die Stundenallokation optiert)

  • Wahlweise Nominierungen für Einspeiser erneuerbarer Gase (sofern ein Konto zum Ausgleich von Produktionsabweichungen eingerichtet ist)

  • Keine Fahrplananmeldung für Endverbraucher:innen (ausgenommen Großabnehmer:innen-Fahrpläne)

Bilanzierung

Alle Gastransporte durch die österreichischen Marktgebiete werden von der AGGM koordiniert. Dabei wird die Netzstabilität neben der kontrollierten Nutzung des Netzpuffers auch aktiv durch physikalische Ausgleichsenergieabrufe im Gleichgewicht gehalten.

Die AGGM beschafft Ausgleichsenergie von der europäischen Gas-Börse (European Energy Exchange) sowie von der Merit Order List (MOL) der Bilanzierungsstellen. Die Ausgleichsenergie sorgt für den laufenden Ausgleich der saldierten Differenz zwischen allen Ein- und Ausspeisungen (inkl. der tatsächlichen Gasverbrauchsmengen). Damit werden die Netzstabilität und Versorgungssicherheit in den österreichischen Marktgebieten aufrechterhalten. Sind diese Ausgleichsmaßnahmen nicht ausreichend, um das Netz stabil zu halten, kann die AGGM Nominierungen nötigenfalls auch einkürzen.

Die Zuordnung der individuellen Unausgeglichenheiten je Bilanzgruppe sowie deren kommerzielle Abrechnung erfolgt nachträglich durch die Bilanzierungsstelle im Rahmen des Clearings.

Pipeline-Bottom

Besonderheiten in den Marktgebieten Tirol und Vorarlberg

COSIMA

In den Marktgebieten Tirol und Vorarlberg wurde das Marktmodell COSIMA etabliert.

COSIMA steht für Crossborder Operating Strongly Integrated Market Area.

Es ermöglicht die Anbindung der beiden westösterreichischen Marktgebiete an das deutsche Marktgebiet Trading Hub Europe (THE).

Dies ist erforderlich, da die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg nicht mit dem Marktgebiet Ost verbunden sind, jedoch über physische Zugänge in das deutsche Marktgebiet THE verfügen.

Kapazitätsbuchung

Die AGGM bucht Exit-Kapazitäten bei den deutschen Fernleitungsunternehmen im Marktgebiet THE.

Die Übergabe der für Tirol oder Vorarlberg bestimmten Gasmengen erfolgt per Nominierung prioritär am VHP des Marktgebiets THE.

Die AGGM übernimmt die Gasmengen am deutschen VHP und organisiert den Transport in die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg.

Nach dem Prinzip „allokiert wie nominiert“ gelten die übergebenen Gasmengen unmittelbar als in Tirol oder Vorarlberg eingeliefert.

Bilanzierung

Aus der Perspektive deutscher Bilanzkreise gibt es darüber hinaus keine Besonderheiten für Transporte in die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg.

Die Übergaben der Gasmengen am deutschen VHP durch die deutschen Bilanzkreise werden den korrespondierenden Bilanzgruppen in Österreich zugeordnet.

Gasmengen dieser Bilanzgruppen zur Endkundenversorgung in Tirol und Vorarlberg, aber auch zu Durchleitung, werden saldiert.

Danach werden diese den Gasmengen gegenübergestellt, welche am deutschen VHP von den jeweils korrespondierenden Bilanzkreisen übergeben werden.

Ausgleichsenergie

Auf die übergebenen Gasmengen werden gemäß den österreichischen Marktregeln die Mechanismen der Ausgleichsenergieabrechnung angewendet.

Die Abrechnung der Ausgleichsenergie erfolgt durch die zuständige Bilanzierungsstelle.

Zudem beschafft die AGGM physikalische Ausgleichsenergie prioritär am VHP im deutschen Marktgebiet THE.

Unterlagen zum Download